Angeln an jungfräulichen Gewässern – Teil III

25 Jan, 2020Vom Wasser

Die nächsten vier Wochen wurde weiterhin intensiv von meinen Kollegen am Privatsee gefischt. Die Ergebnisse waren aber sehr dürftig. Lediglich mein Freund Joe konnte einen Lederkarpfen mit etwas unter 15kg fangen. Die Anderen gingen leider leer aus, was mich doch eher wunderte. Somit waren weitere zehn Nächte mit einer mageren Ausbeute am See verbracht worden. Ende September sollte die erste große, dreitägige Session bei Mo und mir anstehen. Wir befütterten den Platz reichlich. Pro Fütterung, die wir wieder im Rhythmus von zwei Tagen machten, brachten wir zusammen etwa 5kg ein. Der Futtermix bestand aus Mais, Tigers und Hanf zu 50%. Der Rest waren Boilies in 14mm, 18mm und 22mm. Wir fütterten wieder dreimal vor und waren großer Hoffnung die letzte Session von mir ggf. wiederholen zu können. Die Stelle die wir dieses Mal befischten war die, wo Kevin ganz zu Anfang seiner Angelei die ersten beiden Fische fangen konnte. Diese Stelle lag zwar nicht strategisch so günstig wie die Stelle der letzten Session, aber wir hatten die Möglichkeit die Hälfte des Sees problemlos befischen zu können. Mo platzierte sich links, an einem Spot wo eine große Landzunge in etwa 5,5m Tiefe weit in den See hineinragte. Darüber hinaus hatte er eine Baumreihe im Wasser zu seiner linken, die bis 3,5m Tiefe im See stand. Ein absoluter Hotspot.

Meine Ruten verteilte ich im strukturarmen Hauptkörper des Sees. Diese Stelle bot mir in einiger Entfernung ein kleines Plateau und die letzten Ausläufer von der Landzunge, die Mo befischte. Gegen 13Uhr kamen wir am See an und fuhren mit den Autos so nah es ging an die Stelle heran. Von da aus mussten wir noch etwa 300m mit dem Trolley die Sachen an die Stelle bringen. Das Wetter war dieses Mal so richtig ostfriesisch. Wir kamen in einer kleinen Regenpause am See an und nutzen diese um das Equipment an die Stelle zu bringen. Die Prognosen für die nächsten beiden Tage sah sehr bescheiden aus. Massive Regenfälle und starker Wind. Mit Wind kann ich mich gut anfreunden, aber mit starkem Dauerregen habe ich keine guten Erfahrungen gemacht. Naja, nicht den Kopf in den Sand stecken, wer gut angelt bekommt auch unter diesen Umständen seinen Fisch oder seine Fische zum Landgang überredet. Wie bereits erwartet fing der Regen mit dem fertig aufgebauten Camp an. Wir hatten wohlwissend ein Brolly eingepackt, um uns zusammen hinzusetzen und nicht das jeder den ganzen Tag in seinem Zelt verbringen musste. Unterm Schirm sitzend montierten und beköderten wir die Ruten. Da es noch recht früh war hatte ich mir die Strategie überlegt am Tag mit Pop-Ups zu fischen und in der Nacht meine geliebten Schneemänner zu montieren. Die Idee hinter dieser Taktik ist es, die Fische über Tag auf einem gut gedeckten Tisch mit einem visuellen Köder zum Biss zu verleiten, auch wenn diese keinen großen Appetit haben sollten. In der Nacht sehe ich das Thema Pop-Ups sehr kritisch. Durch den bedeckten Himmel rechnete ich mit einer sehr dunklen Nacht und die fluoreszierenden Köder verfehlen ihren großen Vorteil. Außerdem bin ich der festen Überzeugung, dass die Fische nachts mehr über den Geschmackssinn arbeiten und die vom Boden abstehenden Pop-Ups bei der Suche direkt auf dem Futterfeld am Grund gerne mal ihren Zweck verfehlen. Selbst wenn ein optischer Reiz vorhanden sein sollte, hätte ich diesen über den Pop-Up am Schneemann abgedeckt. Alles reine Theorie und ich habe keinerlei wissenschaftliche Beweise dafür, aber die Selbstversuche zeigten bei mir eine deutliche Tendenz in diese Richtung.

Lange Rede kurzer Sinn. Über Tag kamen also alle Ruten mit Pop-Ups bestückt auf die präparierten Plätze. Mo ließ sich von meiner Theorie nicht beeinflussen und machte einen Schneemann, einen Light Hookbait und einen Pop-Up auf seine drei Ruten. Gut so, denn so kann er mich von einer anderen Theorie überzeugen und Versuch macht klug. Nachdem die Ruten ihren Platz im See gefunden hatten und wir völlig durchnässt unter dem Schirm hockten ergab sich eine kurze Regenpause.

Das Wetter spielte uns überhaupt nicht in die Karten.

Diese wurde von Joe, Kevin und meinem Buddy Hoffmann genutzt. Matthias Hoffmann wollte uns diesen Abend bekochen, da ich ihm eine Woche vor der Seesion mein RT4 für einen Trip nach NRW geliehen hatte. Dieses stellte sich dort als sehr hilfreich heraus, da er wiedererwartend auf großen Entfernungen fischen musste. An dem Abend gab es leckeres Steak mit einem tollen Salat gepaart mit vielen guten Unterhaltungen. Noch bevor es dunkel wurde wollten wir die Ruten neu rausfahren. Ich hatte ja noch meine Pop-Ups draußen.

Der wiedereinsetzende Regen machte diese Aktion sehr nervig und mühselig. Dennoch lagen nach dreißig Minuten die Ruten neu beködert am Platz. Der Abend verlief sehr ruhig, nur die Wasservögel hatten scheinbar unsere Futtergaben der letzten Tage als sehr schmackhaft für sich entdeckt. Während des Tages fielen mir die dutzenden Tauchversuche der Wasservögel auf. In der Dämmerung kam der Trupp, bestehend auf etwa zwanzig Wasservögeln diverser Arten, wieder und verzog mir gleich zwei meiner Ruten. Wie ich es hasse! Damit muss man als Angler leider leben, aber ein Spaß ist das nicht, wenn die Ruten auf Entfernungen von etwa 150m liegen und mittels Futterboot punktgenau abgelegt werden. Nachdem die Ruten lagen und es bereits 22Uhr war, legten Mo und ich uns in unsere Zelte und tankten eine Mütze voll Schlaf. Der starke Regen auf der Zelthaut hört sich einfach klasse an und die wieder stärker werdenden Windböen pfiffen durch das Geäst hinter mir. So fand ich schnell in den Schlaf und konnte aufgrund fehlender Fischaktivitäten tatsächlich durchschlafen.

Am Morgen schaute ich aus meinem Zelt und sah wie der Wasserpegel des Sees um etwa 5cm gestiegen war. Die Banksticks, die vorher noch komplett im trockenen Standen, waren nun von Wasser umflossen. Es regnete zu diesem Zeitpunkt noch immer und ich zog meine Regenjacke an. Noch gar nicht ganz in der Jacke konnte ich sehen wie eine meiner rechten Ruten leicht rumgezogen wurde, noch bevor ein Pieper aus der Sounderbox ertönte. Ich ging sofort zur Rute und nahm Kontakt auf. Der Drill verlief kurz aber sehr druckvoll. Ich hatte zu meiner Rechten einige abgestorbene Büsche im Wasser stehen. Die Entfernung dahin war zwar recht groß mit 50m, aber der Winkel war nachteilig für den Drill. Der Fisch musste nur nach rechts ziehen und wäre im Holz gewesen. Die ersten zwei Büsche waren bereits hinter dem Fisch, als er den Dritten und letzten Busch voll erwischte. Dieser befand sich 20m vor mir und unter hohem Druck konnte ich den Fisch aus dem Holz befreien. Die letzten Meter schlug der Fisch die Oberfläche zu Schaum bis er endlich im Kescher verschwand. Mo sackte den Fisch im ersten Versuch direkt ein. Als er in den Kescher schaute sagte er das der Fisch Ähnlichkeit mit Haui hätte. Haui ist der große Spiegler, den ich 4 Wochen zuvor bereits fangen konnte. Auf der Abhakmatte bestätigte sich der erste Eindruck. Er war es erneut. Das dritte Mal lag er nun binnen 6 Wochen auf der Matte. Erst bei Hauke, woher er seinen Namen bekommen hat, dann vor vier Wochen, wie bereits erwähnt, bei mir und nun erneut. Der Fisch ist eh groß und sehr dick, aber er hatte sich das eingebrachte Futter wohl gut schmecken lassen, da er richtig prall war. Das wiegen ergab über ein Kilo mehr auf der Waage als beim letzten Fang vor vier Wochen. Dieser Fisch scheint sehr gut auf das eingebrachte Futter zu reagieren. Ich bin gespannt ob er dieses Potenzial weiter ausschöpfen kann und wo das Ende bei diesem Fisch wohl sein wird.

Da war er wieder in seiner ganzen Pracht. „Haui“ scheint das eingebrachte Futter sehr gut anzunehmen.

Völlig durchnässt fuhr ich die Rute wieder raus und Mo machte währenddessen den Morgenkaffee. Nachdem wir das obligatorische Spiegelei mit Brot gegessen hatten, fuhren wir die Ruten neu raus. Ich hielt an meiner Strategie fest. Wieder Pop-Ups über Tag. Am Vormittag regte es sich wieder so richtig ein. Die Fische schienen diesen Regen nicht besonders zu mögen oder waren wir an der falschen Stelle? Die Wasservögel kamen in regelmäßigen Abständen und pflügten meine Spots um. Es war nur eine Frage der Zeit bis sich ein Vogel an meinem Haken aufhängen würde. Und so geschah es dann auch kurze Zeit später. Gegen 11Uhr piepte es einige Male an einer der Ruten. Ich sah auf meinem Spot eine Reiherente wild mit den Flügeln schlagen und die Rutenspitze tanzte. Alles klar, Rute hoch und den Störenfried schnell an Land holen. An dieser Stelle eine Bitte. Ich weiß die Viecher nerven des Todes, aber seit gnädig sie können nichts für ihr Dasein. Nachdem die Rute wieder lag und die Reiherente schnell das Weite suchte verlief der Rest des Tages sehr ruhig. Es regnete den ganzen Tag durch und wir nutzen die Zeit um Vorfächer zu binden und in Gedanken abzuschweifen. Ein kleines Nickerchen am Tage war natürlich auch drin. Gegen Abend, nachdem wir ein klasse Abendbrot hatten, beköderten wir die Ruten nochmals neu und hofften auf die Nacht. Die Erfahrungen die Mo und ich an diesem Gewässer sammeln konnten waren eh dürftig und wir hofften das die Fische vermehrt in den Nachtstunden beißen würden. Alle Ruten bekamen bei mir wieder den Schneemann verpasst. Meine Klamotten waren wieder so durchnässt, dass ich mir den dritten Satz, den ich weiser Voraussicht eingepackt hatte, anziehen musste. Mehr war nicht da und ich hatte unter diesen Umständen auch keine Chance meine nassen Klamotten zu trocknen, da eh alles klitsch nass war.

So sehr einen das Federvieh auch nerven kann… Sie gehören dazu und werden mit Respekt und sorgsam behandelt.

Den Abend verbrachten wir wieder unter dem Schirm und verkrochen uns frühzeitig ins Zelt, da wir müde waren. Die Nacht über frischte der Wind nochmals erheblich auf und der Regen wurde zum Platzregen. Es schüttete wie aus Kübeln und der Wind wurde so stark das es schon leicht bedrohlich wirkte, da hinter uns hohe Bäume standen die noch ihre Blätter trugen. An Schlaf war nicht wirklich zu denken und ich wurde immer wieder aus meinen Träumen nach dicken Fischen und tollen Erlebnissen gerissen. Am Morgen waren Mo und ich total gerädert und wollten nur noch nach Hause. Alles stand unter Wasser und es war keine Besserung in Sicht. Die Fische hatten auch keinen Bock zu fressen und wir beschlossen am späten Vormittag einzupacken. Wir hatten ja noch einige Meter zu den Autos vor uns und der Weg zurück sollte wohl auch kein Kinderspiel werden, da der Weg, der nicht befestigt ist, wahrscheinlich unter den Regenfällen auch gelitten haben wird. Selbst während des Einpackens wurden wir nicht vom Regen verschont und nun war wirklich alles nass. Liege, Schlafsack wirklich alles. Auf dem Weg zu den Autos waren wir dann auch noch richtig durchnässt und die letzte Charge Klamotten war damit auch hin. Wie ich Zuhause ankam war ich ehrlich gesagt glücklich die Badewanne einlaufen lassen können und meinen Sohn in den Arm zu nehmen.

Fortsetzung folgt…

Euer Thomas