Das Angeln bietet so viele Facetten und steckt so voller Vielfältigkeit, dass das Hobby im Hobby sehr naheliegend ist. Nur was meine ich damit nun? Also gliedern wir die Angeln in die von uns befischten Zielfische auf, dann wird schnell klar, dass jede Fischart anders tickt. Mit einer Karpfenmontage einen Hecht zu fangen wird wohl nur schwer möglich sein. Mit einem Wobbler einen Karpfen regulär zu fangen ist wohl ebenfalls eher ein großer Zufall als die Regel. Somit kann man deutlich sehen das Angeln nicht gleich Angeln ist. Jeder Zielfisch bringt an dieser Stelle auch seine Möglichkeiten das Hobby im Hobby zu finden. Jeder Karpfenangler von euch kennt es und viele haben es bereits gemacht, selber Boilies drehen. Das ist so ein Beispiel für das Hobby im Hobby, denn der Zeitaufwand für den eigenen Köder kann schnell Ausmaße annehmen wie die eigentliche Angelei selbst. Bei Kevin und mir (Thomas) ist es eine große Leidenschaft geworden unsere Ruten selbst zu bauen. Nur wie kommt man auf die Idee eine Rute selber zu bauen, wenn der Markt doch soweit alles hergibt? Ganz einfach! Der Markt gibt nicht alles her, das ist nämlich der Trugschluss. Ich möchte mit diesem Bericht einen Einblick in mein „Hobby im Hobby“ geben. Angefangen hat alles mit einer viel teuren Spinnrute. Ich hatte mir von einigen Jahren ein echtes Schmuckstück von einer Rolle gegönnt, die ich noch bis heute fische. Die Daiwa Infinity Q 3000 Zaion. Wenn man sich dazu entscheidet so viel Geld für eine Rolle auszugeben, dann wird man bestimmt keine 60€ Rute kaufen, um damit angeln zu gehen. Da wir bei uns immer mit großen Hechten und Zandern rechnen dürfen, oder auch müssen, hatte ich daher eine schwere Spinnrute mit einem Wurfgewicht bis 80g gesucht. Mag einigen von euch zu schwer erscheinen, aber glaubt mir, bei fertigen Ruten ist das teilweise immer noch ein Spielzeug. Ich kürze an dieser Stelle ein wenig ab und komme zum eigentlichen Problem. Ich hatte eine Rute gefunden und als ich die Rolle samt Schnur montierte war ich schockiert.
Die gesamte Kombination aus Rute und Rolle war so kopflastig das ich mir nur schwer vorstellen konnte das es damit Spaß machen wird einen ganzen Tag am Wasser zu stehen und zu angeln. Dennoch machte ich den Versuch. Das Resultat war wie erwartet die reinste Katastrophe. Bereits nach zwei Stunden machte sich das Handgelenk bemerkbar und es nervte immer wieder die Rute auszubalancieren. Zuhause angekommen nahm ich einen Heißluftföhn und entfernte die Abschlusskappe der Rute. Ich maß den Innendurchmesser des Blanks aus und fuhr zum nächstmöglichen Baumarkt und kaufte mir einen Meter Messingstab. Nach vielem hin und her hatte ich das benötigte Gewicht gefunden und verklebte dieses im Ende des Blanks. Sage und schreibe 80g waren nötig, um dieses kopflastige Beats in Balance zu bringen. Die Rute selbst wog komplett gerade einmal 243g! Da kauft man sich eine Rute für 250€ und dann sowas? Muss das sein? Bestimmt nicht! Ich war so frustriert das ich die Rute nach dem „Umbau“ verkaufte und mir ein Starterset bei CMW Rutenbau besorgt habe. Bei CMW gibt es einfache Blanks samt günstiger Komponenten als Bausatz. Somit kostete eine Rute damals etwa 40€. Ich bestellte gleich zwei Bausätze und fing an meine ersten Ruten zu bauen. Somit fing alles an.
Das alles geschah vor 6 Jahren. Mittlerweile gehört der Rutenbau genauso zur Angelei wie das eigentliche Fischen selbst. Meine Spinnruten baue ich grundsätzlich selbst zusammen und auch meine Karpfenruten sind handgebaut. Wo liegt nun aber der Vorteil? Es ist genauso einfach erklärt wie auch logisch. Ich kümmere mich nicht mehr um eine Rute und suche dann sie passende Rolle aus. Das ist im meinen Augen nämlich auch der größte Fehler. Ich suche mir eine Rolle aus die ich gerne fischen möchte und baue mir die Rute so auf wie ich sie haben will. Das hat einige Vorteile. Der wichtigste Punkt ist, dass Rolle nicht gleich Rolle ist. Die Rolle leistet die meiste Arbeit bei der Angelei. Das trifft zumindest beim Spinnfischen zu. Wieso sollte ich nun eine Rolle nehmen die zwar perfekt zur fertigen Rute passt ich sie aber nicht leiden mag oder gar eine Nummer zu groß wählen muss, weil die Kombo sonst kopflastig ist? Darüber hinaus kann ich so auch eine leichte Rolle von etwa 230g nehmen und mir eine kräftige Rute dazu aufbauen ohne das Gewicht künstlich in die Höhe zu treiben.
Rutenbau ist keine Glaubensfrage oder bringt automatisch mehr Bisse, das steht fest. Zumindest im ersten Augenblick. Eines ist jedoch Fakt und das kann keiner abstreiten der sich mit dem gezielten Fang von Raubfischen auseinandersetzt. Eine perfekt ausbalancierte und demnach auch leichte Ruten und Rollen Kombination erleichtert das lange und fokussierte fischen erheblich.
Ein weiterer Punkt ist die Wahl des Blanks. Wenn man sich mit dem Aufbau von Rutenblanks auskennt und die neusten Entwicklungen im Bereich der Kohlefaser nachverfolgt, der wird feststellen das es in den letzten 5 Jahren eine große Weiterentwicklung gegeben hat. Mittlerweile ist es den Blankherstellern möglich Ruten genau nach Anspruch zu fertigen. Sei es eine X-Fast Spinnrute für die Gummifischangelei oder eine Karpfenrute mit parabolischer Drillaktion und dennoch hervorragenden Wurfeigenschaften. Wer sich mit dem Thema mal genauer befassen möchte findet im Internet auf YouTube einige Videos zum Thema Rutenbau und zum Herstellungsprozess von Rutenblanks.
Was treibt mich an, mir diesen Klotz ans Bein zu binden und so viel Zeit dafür aufzuopfern meine Ruten selbst zu bauen? Es ist das Individuelle, keine Frage. Welcher Trend sich mir völlig entschließt ist es einen 50er Startring mit einer 5+1 Beringung (5 Laufringe + Spitzenring) bei Karpfenruten aufzubauen. Die Kraftverteilung des Zugmomentes auf den Blank ist einfach nicht optimal. Eine Karpfenrute sollte meiner Meinung nach mindestens eine 6+1 Beringung, wenn nicht sogar eine 7+1 oder 8+1 Beringung haben. Um die paar Gramm mehr zu reduzieren kann man auch unter diesen Umständen einen 40er oder 30er Startring verbauen. Wer mit einer Rute mit 12er Spitzenring einmal eine Schlagschnur vorgeschaltet hat wird schnell feststellen das der scheinbar zu kleine Spitzenring keine großen Auswirkungen hat und der Knoten bleibt nicht, wie häufig erzählt, am Spitzenring hängen.
Bei Spinnruten sieht die ganze Geschichte noch einmal völlig anders aus. Bei keiner Ansitzrute ist es zwingend erforderlich die Rute auszubalancieren. Beim Spinnfischen wohl und da liegt auch das Problem der meisten, wenn nicht sogar allen, Angelgeräteherstellern. Wenn man eine schwere Spinnrute braucht, da man häufiger mit großen Fischen rechnen muss, dann sind diese Ruten häufig auf Rollengrößen ab 4000 aufgebaut. Das heißt, man unterstellt ein Eigengewicht der Rolle von etwa 300g aufwärts. Bei den heutigen Rollen der Größe 2500 und 3000 liegen wir aber mit 215g-250g deutlich unter dem Gewicht, welches ursprünglich für die Rute vorgesehen war. Resultat ist eine wie oben beschriebe Kopflastigkeit der Rute. Um diese Fehlstellung des Rollenhalters ausgleichen, denn mehr ist es eigentlich nicht, muss man überproportional viel Gewicht in das Ende des Rutenblanks einsetzen. Dann kann man gleich eine größere Rolle fischen!
Ist es wirklich wichtig eine handgebaute Rute zu haben oder gar mehrere, wenn man es z.B. Auf das Karpfeangeln bezieht? Nein, natürlich nicht. Es ist ungefähr dasselbe wie mit einem Auto. Wieso nimmt man nicht einfach ein Auto in der niedrigsten Ausstattung? Das Resultat bleibt das Gleiche. Man kommt bequem von A nach B und fertig. Aber wer fährt ein Auto in der niedrigsten Ausstattungsvariante? Wohl die Wenigsten. Ebenso verhält es sich bei dem Thema Ruten. Es müssen keine Fuji Torzite Titanium Ringe sein oder ein Alps Rollenhalter, aber der Markt zeigt das der Bedarf und die Nachfrage da sind und darum werden die Produkte auch entwickelt und vermarket. Kevin und ich bauen Ruten aus Überzeugung und es gibt wenig was vergleichbar ist, wenn man einen Fisch an einer selbst aufgebauten Rute drillen darf.
Ihr werdet auf unserer Homepage und den Social Media Kanälen in Zukunft ein paar ein Eindrücke, Videos und auch Berichte zu „unserem“ Hobby im Hobby finden und wir wünschen viel Spaß.
Euer Thomas