Karpfenangeln vor der Laichzeit – Teil I

13 Mai, 2020Vom Wasser

Endlich wieder raus! Endlich wieder zu Philip! Ich freute mich schon seit Wochen auf diesen Trip, da ich jedes Jahr im Mai versuche meinen Angelverein in NRW zu besuchen. Leider bekam ich erst zwei Tage vor der 4-Tages Session von meinem Chef grünes Licht und so startete ich Donnerstag nachmittags in ein verlängertes Wochenende.

Ich hatte reichlich Futter dabei und war wie eigentlich immer gut vorbereitet. Meine genaue Strategie erläutere ich später in diesem Beitrag, denn erst einmal musste ich noch reichlich Kilometer runterreißen.

Die Fahrt verlief optimal, da nicht viel auf den Straßen los war. Das Radio spielte meine Spotify-Playlist runter und zwischendurch rief Philip an und erkundigte sich über meine Reststrecke, die ich noch absolvieren musste. Er war bereits seit paar Minuten am Gewässer angekommen und sah einige der großen Graser am eigenen Ufer in einer kleinen Bucht. Ich versuche schon lange einen dieser Graser aus diesem Gewässer zu fangen, aber ohne Erfolg. Die Burschen sind durch den jahrelangen Angeldruck extrem abgebrüht. Mir fällt keine Strategie ein, die ich noch nicht ausprobiert habe, um einen dieser Fische ans Band zu bekommen. Naja, vielleicht ja dieses Mal?

Die letzten Kilometer der Wegstrecke wurde ich immer aufgeregter. Ich bin, wenn ich zum Fischen fahre, immer extrem nervös und auch angespannt. Wieso, weiß ich nicht, ist aber so. Endlich war Wasser in Sicht und ich sah Philip mit seinem Hund Eddy am Ufer stehen. Er hatte die Ruten noch nicht im Wasser, da er sich mit mir absprechen wollte, wer wo fischen wird. Sehr löblich, mein Junge! Ich hatte wieder alles eingepackt was mein Equipment hergab. Wie immer viel zu viel!

Da es bereits später war, entschloss ich mich das Zelt und den ganzen anderen unwichtigen Kram erst später aufzubauen. Fische suchen war angesagt! Was ist die schnellste und einfachste Lösung Fische an klaren Gewässern zu finden? Die Drohne! Ja, viele halten es für übertrieben, ich jedoch mache mir diesen enormen Vorteil zunutze. Relativ schnell waren einige Fische gefunden und ich begann das Futter anzusetzen. Ich hatte einige „Leckerlies“ dabei. Zuckenmückenlarven, Seidenraupen, Bachflohkrebse etc.

Unfassbar was eine Drohne für Informationen binnen kürzester Zeit liefert.

Da es Anfang Mai war wollte ich zu Beginn der Session auf keinen Fall zu viel Füttern. Was einmal drin liegt bekommt man nicht mehr raus. Trotzdem hatte ich noch eine weitere Strategie. Ich wollte am Abend einen großen Futterplatz anlegen und diesen mindestens 36 Stunden ruhen lassen. Das befischte Gewässer unterliegt einem hohen Angeldruck und füttern ohne zu fischen ist ungewöhnlich für die Seebewohner und dadurch evtl. ein entscheidender Vorteil. Ich fuhr mit Hilfe meines Futterbootes die beiden erlaubten Ruten mit ganz wenig Futter an die gesuchten Spots. Als Hakenköder fischte ich einen Sinker mit einem Pop-Up sowie einen Sinker mit einem Fake Corn.

Da ich eine Rute auf über 200 Metern Distanz fischte hatte ich beide Rollen auf Geflecht wechselt. Davor schaltete ich eine 0,60mm Mono-Schlagschnur mit etwa 12 Metern Länge. Die Montage war eine Semi-Fixed Inline Montage mit einem 113g schweren „Flat Pear“.

Gegen 20Uhr stand dann schließlich auch das Camp und der gemütliche Teil der Session konnte starten. Philip hatte von seiner Freundin zu Geburtstag den „Skotti“ bekommen. Diesen weihten wir entsprechend mit feinsten Wildschweinpetties ein und machten uns erstklassige Burger. Der Abend verging und legten uns früh auf die Liegen.

Gegen 1Uhr nachts bekam ich den ersten Lauf. Eine wunderschöne Schleie mit etwa 3,5kg fand den Weg in meinen Kescher. In derselben Nacht konnte Philip ebenfalls noch eine Schleie dieser Klasse fangen.

Morgens um kurz nach 5Uhr stand Philip mit einer krummen Rute in der Hand. Dieses Mal war es keine Schleie! Nach einem schönen Drill landete der erste Karpfen der Session im Kescher. Ein schöner Schuppi und mit über 15kg ein absolut toller Start in die Session. Wir machten die Rute neu und fuhren sie gemeinsam wieder an den Spot. Wir lagen gerade wieder auf den Liegen und dösten gerade wieder ein, als plötzlich eine meiner Rute ablief. Auch hier konnten wir nach einem klasse Drill einen Schuppi keschern. Als ich in den Kescher blickte sah ich einen großen Schuppi, einen wirklich großen Schuppi!

Über diesen Fisch habe ich mich unendlich gefreut. Endlich habe ich dich!

Als der Fisch auf der Matte lag, sagte ich bereits zu Philip, dass es sich um einen 20kg+ handeln könnte. Das wiegen des Fisches ergab 22,2kg inkl. Schlinge. Da meine Nash Retainer nass etwa 1,5kg wiegt legten wir das Gewicht auf 20,7kg fest. Unfassbar! Mein Jahresziel einen 20kg+ Schuppi zu fangen ist damit erledigt und fühlte sich total unreal an. Ich bin kein Freund der Angelei im Frühjahr, da ich sehr gerne mit Futter arbeite und das in den meisten Fällen im Frühjahr total in die Hose geht. Meine „goldene Zeit“ kommt meistens nach der Laichzeit wo ich große monotone Bereiche mit viel Futter bearbeite. Naja, egal ich war „over the moon“ und total überwältigt. Der weitere Tag verlief sehr unspektakulär. Keine großen Aktionen, außer eine weitere große Schleie für Philip.

Ich nahm am Mittag eine Rute aus dem Rennen und ging, wie eigentlich jedes Mal, auf Graser-Jagd. Wie man evtl. den Aufnahmen entnehmen kann gibt es in diesem See einen Bestand von etwa 40-50 großen Grasern. Diese sind zwar vorhanden, werden aber sehr, sehr selten gefangen. Was mich an diesen Tieren reizt ist nicht die Tatsache das es Graser sind, sondern dass diese Biester fast alle über 20kg wiegen und einige die 30kg knacken. Wenn man einen Trupp dieser Riesen sieht stockt einem der Atem und man muss es versuchen, glaubt mir. Wie bereits anfangs erwähnt habe ich es in der Vergangenheit bereits einige Male probiert diese Graser zu überlisten, ohne Erfolg. Von Schwimmbrot, Mais an der Wasserkugel mit 20cm Fluoro Carbon bis hin zu Schilf oder Schnittlauch in Arma Mesh. Nichts half und ich auch dieses Mal war es einfach nur frustrierend.

Ein Graser deutlich über 25kg stand direkt vor meinem 4er Haken, den ich mit 4 Maiskörnern bestückt hatte, sah den Köder drei Sekunden an und schwamm seelenruhig daran vorbei, sodass mein Köder die gesamte Seitenlinie des Tieres berührte. Unfassbar, aber wahr! Ich werde es wohl nie schaffen einen solchen Fisch aus diesem Gewässer zu fangen.

Fortsetzung folgt in Teil II

Euer Thomas